Muskelaufbau vegan – geht das überhaupt? Fehlen bei veganer Ernährung nicht ganz wichtige Nährstoffe, die dich beim Training benachteiligen? Wir haben uns einmal näher angesehen, wie Muskelaufbau eigentlich funktioniert und was du als Veganer dabei beachten musst. Die gute Nachricht vorweg: Es funktioniert!
Muskelaufbau vegan – keine Kunst!
Deine Muskeln funktionieren immer gleich: Sie brauchen zum Wachsen Nährstoffe und Energie. Und ein paar Reize, damit sie etwas zu tun haben. Wenn du diesen Grundprinzipien folgst, klappt es auch mit dem Muskelaufbau vegan!
Neben einem regelmäßigen Training ist darum deine Ernährung sehr wichtig. Dabei geht es nicht einmal unbedingt um knallhartes Bodybuilding: Muskelaufbau gehört heute schon fast zu einem aktiven Lifestyle dazu. Einen schönen Körper haben, sich fit halten und die eigene Leistung steigern – all das sind gute Gründe für den Muskelaufbau.
Wichtig wird hier vor allem die Energiebilanz. Das ist die Differenz zwischen dem, was dein Körper braucht und dem, was du zuführst. Messen lässt sich die Energiebilanz ganz einfach in Kilokalorien. Wer also täglich zum Beispiel 2000 Kilokalorien braucht, aber nur 1950 isst, nimmt zu wenig auf.
Viele Menschen fokussieren sich einzig auf Shakes mit viel Eiweiß oder sonstige Nahrungsergänzung. Das aber ist falsch, jedenfalls dann, wenn du insgesamt eine negative Energiebilanz hast. Bei negativer Energiebilanz wirst du vergeblich auf Muskelwachstum hoffen.
Lassen wir also erst mal die Shakes beiseite, um zu verstehen, worauf es beim Muskelaufbau wirklich ankommt. Später werden wir darauf zurückkommen!
Ernährung und Muskeln: Achte auf die Energiebilanz
Vielleicht kennst du schon die Begriffe anabol und katabol. Anabol steht für Aufbau, katabol für Abbau. Beim Katabolismus baut dein Körper Stoffe ab, die du ihm aufgrund deiner negativen Energiebilanz nicht zuführst. Er hat ja gewisse Speicher, und die greift er dann an. Muskeln sind Energiespeicher! Beim Anabolismus ist das andersherum. Hier führst du mehr Energie zu, als du eigentlich bräuchtest.
Achte darum für einen veganen Muskelaufbau zuerst auf eine positive Energiebilanz. Deine Muskeln brauchen Energie, doch die sollte klug abgestimmt sein – weder zu viel noch zu wenig. Wichtig ist dafür, dass du deine Körpergröße und dein Gewicht kennst. Dann kannst du mit unserem Kalorienrechner jederzeit deinen Energiebedarf ausrechnen. Damit weißt du später auch, wie viel du brauchst, um wirklich Muskeln anzusetzen: nämlich immer ein bisschen mehr, als dein Grundumsatz wäre.
Eiweiß und veganer Muskelaufbau
Leider ist das nicht alles. Schließlich brauchst du noch weitere wichtige Stoffe, und die auch noch in einem bestimmten Verhältnis, um dich wirklich gesund zu ernähren. Hier kommen wir wieder auf die Shakes zurück. Im Allgemeinen enthalten sie viel Eiweiß. Der Grund: Muskeln brauchen Protein, um zu wachsen. Wer sich vegan ernährt, lernt oft, dass dies ein Problem sei.
Aus unterschiedlichen Gründen wurde lange angenommen, dass Veganer das „falsche“ Eiweiß oder aber zu wenig davon zu sich nähmen. Schließlich fallen bei ihnen ergiebige Proteinquellen wie etwa Milch oder Quark weg. Klingt logisch – aber stimmt es wirklich?
Vegan Muskelaufbau: Gutes Eiweiß – schlechtes Eiweiß?
An dieser Stelle ein wenig Theorie. Was dein Körper braucht, ist eigentlich nicht das Eiweiß an sich, sondern die darin enthaltenen Aminosäuren. Ein paar davon sind essenziell, was heißt: Dein Körper kann sie nicht allein bilden, braucht sie aber zum Überleben. Dann musst du sie von außen zuführen. Das geht mithilfe der Proteine.
Proteine können pflanzliche Quellen oder tierische Quellen haben. Die aus tierischen Quellen ähneln denen im menschlichen Körper am meisten, weshalb der Mensch sie am besten verarbeiten kann. Doch auch pflanzliche Proteine sind für dich wertvoll. Wenn du dabei noch ein wenig trickst, bekommst du auch aus dieser Quelle alles, was du brauchst.
Studien haben das bewiesen: Veganer mit vollwertiger, also möglichst ausgewogener Ernährung bekommen über ihre Nahrung alle nötigen Proteine. Der erste Trick ist also schlicht möglichst vielseitiges Essen. Wenn du pflanzliche Proteine miteinander kombinierst, kannst du zudem ihre Wertigkeit für deinen Körper noch einmal steigern.
Das lässt sich kompliziert ausrechnen, indem du alle acht essenziellen Aminosäuren auswendig lernst und ihre Wertigkeit in Kombination mit den anderen verstehst. Oder du machst es dir einfach und merkst dir einfach Folgendes: Andere Kulturen machen uns das vor! In Amerika etwa kombiniert man schon seit Jahrhunderten Mais mit Hülsenfrüchten, etwa im berühmten Chili. Das sind dann zwei exzellente Proteinquellen, die in der Kombination für dich perfekt sind. Ebenso in Asien: Hier ist es der Reis, der vielleicht mit Tofu kombiniert wird. Oder im Nahen Osten, der Bohnen mit Fladenbrot serviert – ebenfalls zwei verschiedene sehr gute Proteinquellen.
Hier stecken viele Proteine drin
- Getreide
- Hülsenfrüchte
- Nüsse
- Samen
Wie du siehst, kannst du mit wenigen Quellen eine hochwertige Versorgung mit Proteinen erreichen, auch ohne tierische Produkte! Das bestätigen sogar Studien, die wir im Anhang auflisten (Quelle 1, 2 und 3). Sie untersuchten, wie Veganer bei ausgewogener Ernährung mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt sind. Das Ergebnis: Die Versorgung war im Allgemeinen ausreichend bis sehr gut. Wo es Probleme gab, lag es an dem hier bereits Erwähnten: Dann fehlte schlicht eine ausreichende Grundversorgung, es kam also zu einer negativen Energiebilanz.
Vegane Spitzensportler beweisen es: Muskelaufbau vegan ist möglich!
Weitere Belege dafür sind Spitzenathleten. Stellvertretend für viele andere sei hier der “Strong Man” Patrik Baboumian erwähnt. Er schaffte es, mit rein veganer Ernährung so stark zu werden, dass er >550 kg über zehn Meter tragen konnte. Und er ist kein Einzelfall. Ob Marathon oder Krafttraining – vegane Ernährung ist kein Hindernis beim Muskelaufbau. Nachfolgend drei beeindruckende Beispiele was mit rein pflanzlicher Ernährung alles möglich ist.
So viel Proteine brauchst du
Eine Empfehlung der WHO (Welt-Gesundheits-Organisation) lautet, täglich mindestens 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht zuzuführen. Rechne also zum Beispiel:
Bei einem Körpergewicht von 60 kg sind es 0,8 x 60 = 48 g Protein pro Tag.
Das reicht aus für deine Grundversorgung. Möchtest du nun aber Muskeln aufbauen, brauchst du natürlich mehr! Deshalb solltest du die besten Proteinquellen kennen und davon immer mal wieder etwas zu dir nehmen. Das sind:
- Kürbiskerne mit 35g
- Hanfsamen mit 30g
- Leinsamen mit 24g
- Linsen mit 24g
- Erbsen mit 7g
- Haferflocken mit 14g
Der Trick beim Muskelaufbau: Die oben erwähnten Mengen reichen nicht, weil du mehr brauchst. Rechne dann mit 1,2g – 1,7g pro kg Körpergewicht insgesamt!
So könnte eine gute Mahlzeit aussehen
- 150g Haferflocken
- 300g Sojamilch
- 25g Leinsamen, geschrotet
- 200g Beeren
Muskelaufbau funktioniert langfristig!
Vielleicht fragst du dich jetzt, und was ist mit Fetten und Kohlenhydraten? Beachte dazu, wie Muskelaufbau funktioniert. Obwohl manche Menschen das gern anders hätten, gehst du das am besten langfristig an. Über einen langen Zeitraum also, weil das effektiver ist als kurzfristig ein paar Muskeln zu pushen.
Dein Körper hat ja unter anderem Speicher. Sie speichern Energie in verschiedener Form. Was du speicherst, hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem von Bewegung und deiner Ernährung. Bewegst du dich viel, leert das die Speicher in deinen Muskeln, woraufhin du Nachschub liefern musst, damit sie ordentlich wachsen.
Es hängt aber auch davon ab, was dein Körper meint, zu brauchen. Hat er also schon viele Energiereserven, speichert er eher Fett, weil er immer mit einer Hungersnot rechnet. Wenn dir diese Prinzipien klar werden, kannst du auch über deine restliche Ernährung deinen Muskelaufbau beeinflussen.
Somit sind nicht nur die Proteine wichtig, wie man lange glaubte: Proteios ist griechisch und heißt so viel wie das Erste. Was du sonst noch isst, beeinflusst aber ebenfalls Erfolg oder Misserfolg beim Muskelwachstum.
Fette und Kohlenhydrate
Achte beim Fett vor allem auf hochwertige Fette, das sind solche mit viel Omega 3 Fettsäuren. Sie finden sich in manchen Nüssen, Leinsamen und hochwertigem Öl. Erhitze dieses Öl aber nicht zu stark, sonst verwandelt es sich in schädliche Transfette.
Nutze Fette unter anderem als Beigabe in Shakes und kombiniere auch hier so viel und so abwechslungsreich wie möglich. Noch einmal zur Erinnerung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Energie ist die beste Garantie für den Trainingserfolg. Deshalb sind auch Kohlenhydrate als Energiequellen wichtig. Anders als beim fett aber hast du hier oft ein Problem: die Sättigung. Fett hingegen gibt dir sogar die Chance, mehr Energie zuzuführen. Es geht hier nicht ums Mästen, sondern um Menschen mit bestimmten Problemen. Auch sie können Muskelaufbau betreiben!
Mehr Energie ohne mehr zu essen?
Shakes sind eine gute Möglichkeit, Öle unterzumischen und sich so mit zusätzlicher Energie zu versorgen. Wer nicht gut isst oder ein sogenannter Hardgainer ist, kann so seine Energiebilanz verbessern. Ein einfacher Shake sieht etwa so aus: Sojamilch oder Mandelmilch als Grundlage, hinzu ein paar Hafer- oder Dinkelflocken. Ergänze mit Banane und einem hochwertigen Öl. Schon hast du einen prima Shake für zwischendurch!
Zwischenmahlzeiten und anaboles Fenster
Wann du etwas essen solltest, bleibt dir überlassen. Strenge Regeln wie die mit dem anabolen Fenster brauchst du nicht ernst zu nehmen. Diese Regel besagt, dass du nach dem Training in einem engen Zeitfenster von 30 Minuten unbedingt was essen musst, sonst kann dein Muskel nicht so wachsen, wie du das gern hättest.
Das ist nicht richtig – denn du speicherst alles, was du im Lauf des Tages zu dir nimmst, Voraussetzung sind abgestimmte Mahlzeiten wie oben beschrieben. Wichtig ist also nur deine Energiebilanz am Ende des Tages, sonst baust du Muskeln ab anstatt auf. Du kannst darum nach dem Sport essen, wenn du möchtest.
Proteinshakes
Viel hilft nicht immer viel, dieser alte Spruch passt auch hier. So lässt sich mit Shakes zwar viel machen. Übertreibst du es aber, belastest du nur unnötig deine Nieren. Denn ab einer gewissen Grenze ist Schluss. Mehr Protein als deine Muskeln brauchen, nehmen sie nicht auf und das hilft dann auch nicht beim Muskelaufbau. Überlege darum immer, was sinnvoll ist.
Wer Schwierigkeiten hat auf seinen täglichen Eiweißbedarf zu kommen, der kann mit 1 – 2 Shakes am Tag ergänzen. Gerade morgens und nach dem Training macht das schnell verdauliche Eiweiß Sinn. Hier sollte hohen Wert auf die biologische Wertigkeit gelegt werden. Hochwertige Rohstoffe sind das A und O bei Nahrungsergänzungsmittel. Ein Premium-Eiweiß made in Germany findest Du in unserem großen V-Protein Testbericht.
Viel trinken, aber nicht zu viel
Ebenfalls ausgeschieden wird Wasser, das du nicht benötigst. Dieser Fakt ist nur wenigen bekannt, weshalb manche Sportler so viel trinken, wie es eben geht. Faustregel ist aber: Trinke pro Stunde Sport einen Liter zusätzlich. Ansonsten reichen 30 bis 40 ml pro kg Körpergewicht völlig aus, auch beim Muskelaufbau.
Nahrungsergänzung – gar nicht so schlecht!
Kreatin ist ein gutes Beispiel für sinnvolle Nahrungsergänzung. Was du per ausgewogener Ernährung zuführst, benötigt natürlich keine Supplements. Was dir aber wirklich fehlt, solltest du ergänzend zuführen. Kreatin brauchst du für den Muskelaufbau, weshalb sich der Stoff großer Beliebtheit erfreut.
Er versorgt die Muskeln mit Energie und kommt vor allem in Fisch und Fleisch vor. Deshalb kannst du als Veganer guten Gewissens zur Nahrungsergänzung greifen, denn nachweislich fördert Kreatin deinen Muskelaufbau. Mit 3 – 5g täglich machst du nichts falsch – Nebenwirkungen wie etwa Durchfall hängen stets mit einer Überdosierung zusammen.
Tipps für die Erfolgskontrolle
Jeder Mensch ist individuell. Beachte das, wenn du einmal das Gefühl hast, dass es überhaupt nicht vorangeht. Wie viele Kalorien du brauchst, solltest du dir natürlich gleich zu Anfang ausrechnen. Nutze dazu einen online Kalorienrechner.
Notiere deine individuellen Fortschritte nicht nur in Kilogramm. Nutze auch Vergleichsfotos, die du im Abstand von ein paar Tagen oder einer Woche machst. Speichere sie und sieh sie dir regelmäßig an: Manchmal merkt man den Fortschritt so am besten.
Führe Tagebuch: Über Training, Ernährung und deine Fortschritte beim Muskelaufbau. Oder tracke, was du tust, per App. All das wird dir helfen, dich zu motivieren und deinen Muskelaufbau professionell zu gestalten.
Fazit
Veganer Muskelaufbau ist kaum anders als solcher von Mischköstlern. Das ist klar, denn ihre Muskeln funktionieren genauso. Um mehr zu werden, braucht es hier wie da vor allem eine positive Energiebilanz. Wer zudem noch auf die anderen Nahrungsbausteine wie etwa Eiweiß achtet, kann gesunden Muskelaufbau betreiben.
Als Veganer sollte man lediglich ein paar Dinge beachten, unter anderem geht es dabei um Eiweiß. Hier kommt es auf gute Kombinationen verschiedener Proteine an, um keinen Mangel zu entwickeln. Das ist aber normalerweise kein Problem. Wer sich ausgewogen von den vier großen Proteinquellen ernährt – Vollkorn, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen – der wird beim Muskelaufbau vegan erfolgreich sein!
Quellenangaben
Titelbild: © Dmitry Lobanov | stock.adobe.com
1) HEGSTED DM, WORCESTER J. A study of the relation between protein efficiency and gain in weight on diets of constant protein content. J Nutr. 1947 Jun;33(6):685-702. doi: 10.1093/jn/33.6.685. PMID: 20240723, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20240723/
2) Young VR, Pellett PL. Plant proteins in relation to human protein and amino acid nutrition. Am J Clin Nutr. 1994 May;59(5 Suppl):1203S-1212S. doi: 10.1093/ajcn/59.5.1203S. PMID: 8172124, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8172124
(3) Waldmann A, Koschizke JW, Leitzmann C, Hahn A. Dietary intakes and lifestyle factors of a vegan population in Germany: results from the German Vegan Study. Eur J Clin Nutr. 2003 Aug;57(8):947-55. doi: 10.1038/sj.ejcn.1601629. PMID: 12879089, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12879089