Eine vegane Ernährung wird von der DGE nicht empfohlen – oder vielleicht doch?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist eine weltweit anerkannte Institution, die sich seit Jahrzehnten der Erforschung und Entwicklung von Ernährungsempfehlungen widmet. Die DGE unterstützt einen gesunden Lebensstil und empfiehlt eine ausgewogene Ernährung, die auf den persönlichen Bedürfnissen und Vorlieben basiert.

Doch was bedeutet das für Veganer? Laut DGE hat eine vegane Ernährung viele Vorteile, aber es besteht auch die Gefahr, dass wichtige Nährstoffe nicht ausreichend zugeführt werden. Einige Nährstoffe sind in Pflanzen nur schwer erhältlich oder können vom Körper nicht in ausreichender Menge aufgenommen werden.

Veganer sind oft verwirrt, da die DGE eine vegane Ernährung offenbar eher kritisch betrachtet und ihre Empfehlungen ziemlich vage sind. Daher haben wir uns das genauer angeschaut: Was steht denn dort wirklich?

Wer ist die DGE und was hat sie gegen eine vegane Ernährung?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist eine weltweit anerkannte Organisation, die sich der Erforschung und Förderung gesunder Ernährung verschrieben hat. Sie wurde im Jahr 1953 gegründet und setzt sich aus Experten verschiedener Fachgebiete zusammen. Dazu gehören Mediziner, Biologen, Ernährungswissenschaftler sowie Vertreter aus Industrie und Handel.

Auf Grundlage umfangreicher Forschungsstudien erarbeitet die DGE Empfehlungen und Leitlinien für eine gesunde Ernährung für die deutsche Bevölkerung. Dazu gehören auch Ratschläge zur Vermeidung von ungesunden Lebensmitteln und gesundheitsfördernden Ernährungsgewohnheiten. Die Empfehlungen der DGE werden von vielen Forschern als Richtschnur sowie von Ernährungsfachberatern bei der Beratung ihrer Klienten herangezogen.

Die DGE äußert sich kritisch zur veganen Ernährung. Sie fordert den Verzehr tierischer Produkte als unverzichtbare Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung. In ihren Empfehlungen betont die DGE, dass vegan lebende Personen besonders darauf achten müssen, dass sie alle essentiellen Nährstoffe in ausreichender Menge zu sich nehmen.

Da die DGE ein hoch angesehener Experte für Ernährung ist, sollte man ihre Kritik an der veganen Ernährung nicht ignorieren. Könnte man zumindest meinen:

DGE zur veganen Ernährung: keine Empfehlung für bestimmte Personen

Es gibt eine Kurzfassung der Empfehlungen zur veganen Ernährung (1). Dort steht sinngemäß, eine rein pflanzliche Ernährung werde für bestimmte Personengruppen nicht empfohlen: Schwangere, Stillende, Kinder und Jugendliche. Auch die Begründung klingt plausibel. Eine ausreichende Versorgung mit bestimmten Nährstoffen könne nämlich nicht gewährleistet werden, heißt es.

Konkret nennt die DGE an dieser Stelle folgende Nährstoffe:

  • Vitamine: vor allem B12, aber auch Vitamin D
  • Proteine: bestimmte Aminosäuren
  • Omega-3-Fettsäuren
  • Mineralien: Calcium, Eisen oder auch Selen.

Ähnlich sieht es die Schweizer Gesellschaft für Ernährung (SGE) und – mit Abstrichen – die österreichische Gesellschaft ÖGE.

Bevor wir dazu übergehen, diese Empfehlung genauer zu prüfen, werfen wir aber einen Blick auf die Langfassung der DGE-Empfehlungen zur rein pflanzlichen Ernährung. Die gibt es natürlich auch online (2). Und da stellt sich etwas Erstaunliches heraus: Die DGE klingt nun nicht mehr so kritisch!

DGE-Empfehlung in der Langfassung ist weniger kritisch

Zunächst fällt auf, dass der veganen Ernährung sogar Positives abgewonnen werden kann. Denn wer sich etwa mit viel ballaststoffhaltigem Getreide ernährt, etwa bei Vollkorn, der lebt gesünder. Damit einher geht nachweislich eine Risikominimierung. Im Klartext: Wer rein pflanzlich isst, wird seltener an den sogenannten Zivilisationskrankheiten leiden. Die DGE erwähnt hier ausdrücklich Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes vom Typ 2 (Quelle 2, Frage 20).

An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Voraussetzung dafür ist stets eine gute Planung! Denn nur mit viel Hintergrundwissen lässt sich Nährstoffmangel vermeiden.

Was heißt gute Planung bei rein pflanzlicher Kost?

Manche der sogenannten kritischen Nährstoffe sind nur ein Mythos. Doch im Fall von B12 stimmt es: Dieses wichtige Vitamin nehmen tatsächlich viele Menschen nicht in ausreichendem Maße zu sich.

Das Interessante daran: Selbst Mischköstler haben damit häufig Probleme, und das sogar je mehr, desto älter sie sind. Die besten B-12-Spiegel finden sich bei Personen, die Nahrungsergänzungsmittel einnehmen! Wenn du also zusätzlich Vitamin B12 zu dir nimmst, bist du auf der sicheren Seite. Denn Nahrungsergänzungsmittel sind im Gegensatz zu vielen neuartigen B-12-Quellen sehr gut erforscht und damit absolut unbedenklich.

Was nicht heißt, dass es dann nichts mehr für dich zu tun gäbe. Denn auch darauf besteht die DGE: Du solltest nährstoffreiche Lebensmittel bevorzugen. Das sind solche, die viele nützliche Inhaltsstoffe aufweisen. Bei Nüssen sind das etwa Walnüsse, weil sie viele wertvolle Omega-3-Fettsäuren haben.

Und die dritte Empfehlung, wenn deine vegane Ernährung gesund sein soll: Nimm eine Ernährungsberatung in Anspruch! Sie können, so heißt es, bei der richtigen Auswahl und Zubereitung des veganen Essens helfen. Aber auch das lässt sich auf andere Personengruppen ebenso anwenden. Wer weiß schon genug zu diesen wichtigen Fragen? Zudem ändern sich manche Empfehlungen und Leitlinien im Lauf der Jahre. Was du in der Schule gelernt hast, kann schon bald veraltet sein.

Die drei Empfehlungen der DGE zu veganer Ernährung auf einen Blick:

  1. Dauerhafte Nahrungsergänzung mit Vitamin B12
  2. Nährstoffreiche Lebensmittel haben Vorrang
  3. Ernährungsberatung in Anspruch nehmen

Interessanterweise bestätigt etwa auch das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass gerade Veganer überdurchschnittlich gut informiert sind, was ihre Ernährung betrifft (3).

Unterschiede zwischen Mischkost und veganer Kost laut DGE-Empfehlung

Zudem gibt es kaum Unterschiede zwischen dem, was ein Veganer isst und den DGE-Empfehlungen für Mischköstler. Nur 25 Prozent sind anders, weil das der Anteil von Fleisch, Milch und Käse ist. Die restlichen 75 Prozent sind deckungsgleich: Es handelt sich dabei um viel Gemüse, Vollkorn, Hülsenfrüchte, Samen und Obst. Was bei Mischkost anders ist, lässt sich vegan leicht ersetzen (4).

Du kannst also durchaus bedarfsdeckend und vegan leben! Das zeigt auch ein Blick in die USA.

ADA ist die heutige Academy of Nutrition and Dietetics, ehemals American Dietetic Association. Also die DGE für die USA: Sie sagt seit mehr als 15 Jahren, dass es möglich ist, sich vegan und dennoch gesund zu ernähren. Ausdrücklich nennt die ADA alle Lebensabschnitte und -phasen, wie Schwangere, Stillende, Ältere und sogar Athleten (5).

Weitere Fachgesellschaften schließen sich dieser Sichtweise an:

  • Portugal: DGS, Direção-Geral da Saúde
  • Kanada: Dietitians of Canada
  • Australien: National Health and Medical Research Council
  • Großbritannien: British Dietetic Association

Wieso interpretieren diese Gesellschaften das anders?

Die Frage ist durchaus berechtigt, denn die Studienlage ist in den USA nicht anders als bei uns. Dennoch gibt es ein paar interessante Unterschiede:

Beispiel Vitamin B12

In den USA und Kanada ist es erlaubt, Lebensmittel mit zusätzlichem Vitamin B12 anzureichern. In der Europäischen Union (EU) hingegen nicht! Doch Menschen, die solche Produkte zu sich nehmen, bekommen natürlich eine andere Versorgung als jene, die nur auf natürliche Quellen von Vitamin B12 setzen. Dies betrifft vor allem rein pflanzlichen Joghurt, in dem bereits B12 zugesetzt wurde.

Beispiel Selen

Selen ist ein wichtiges Spurenelement, das der menschliche Körper für zahlreiche Stoffwechselprozesse benötigt. Es zählt jedoch zu den problematischen Mineralien, da europäische Böden oft ärmer an Selen sind als die Böden in Nordamerika. Daher besteht für viele Menschen die Gefahr der Mangelversorgung mit diesem wichtigen Mikronährstoff.

Der Hauptlieferant von Selen ist Getreide und daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine ausreichende Versorgung durch den regelmäßigen Verzehr von Getreideprodukten. Mischköstler haben hier einen Vorteil, weil die EU die Anreicherung von Tierfutter mit Selen erlaubt und somit automatisch eine höhere Versorgung der Menschen gewährleistet wird, die tierische Produkte konsumieren.

Fazit

Veganismus ist in den letzten Jahren immer beliebter geworden – und mit gutem Grund! Viele Menschen entscheiden sich dafür, tierische Produkte aus ihrer Ernährung zu streichen, um die Umwelt zu schützen, aber auch um ihre Gesundheit zu verbessern. Doch wie steht es gesellschaftlich um die vegane Ernährung? Kann man sie als gesunde Option betrachten?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat hierzu eine klare Meinung: Sie sieht eine vegane Ernährung nur dann kritisch, wenn diese unreflektiert vonstatten geht. Wer jedoch die notwendigen Kenntnisse über grundlegende Zusammenhänge der Ernährung hat und seine vegane Ernährung gut plant, kann wirklich gesund und vollkommen risikofrei leben.

Denn es gibt Mineralien, Vitamine und Aminosäuren, die für eine vegane Ernährung besonders wichtig sind. Dazu gehören beispielsweise Vitamin B12, Eisen und Jod. Diese Nährstoffe müssen durch vegane Lebensmittel oder Ergänzungspräparate ersetzt werden. Wenn du dich also vegan ernähren willst, solltest du unbedingt über deinen Bedarf an diesen Nährstoffen Bescheid wissen und deine Nahrungsaufnahme entsprechend anpassen.

Es ist also durchaus möglich, mit einer veganen Ernährung gesund zu leben – vorausgesetzt man weiß, worauf man achten muss! Mit der richtigen Planung und ein bisschen Wissen kannst du deinen Körper optimal versorgen – ohne auf tierische Produkte zurückgreifen zu müssen. Ein guter Anfang ist es deshalb, sich genauer mit den speziellen Bedürfnissen einer veganen Ernährung vertraut zu machen.

Quellenangaben

  1. DGE – Ernährungsempfehlung Kurzfassung
  2. DGE – FAQ zur veganen Ernährung
  3. BfR – Veganer sehr gut informiert
  4. Nico Ritter, „Vegan-Klischee adé!“, S. 13.
  5. Position der ADA zur veganen Ernährung

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